Agile Softwareentwicklung Interview

Serie Product Owner im Potrait – Eine Rolle, viele Herausforderungen

Die Rolle des Product Owners ist unbenommen eine der herausforderndsten Rollen in der agilen Entwicklung. Daher ist es umso wichtiger, bei der Auswahl genau darauf zu achten, dass diese zentrale Rolle richtig besetzt wird, um den hohen Anforderungen und Herausforderungen zu entsprechen. Alles läuft durch die Hand des Product Owners – er trägt die Verantwortung für das Produkt. Er fungiert als Schnittstelle zum Management und zu internen und externen Projektinteressenten und –beteiligten, sowie zu seinem Team. Dabei stehen für den Product Owner die Bedürfnisse des Kunden im Vordergrund. Diesen Bedürfnissen entspricht er durch die Kenntnis der Marktanforderungen, der zeitlichen und monetären Wichtigkeit der kommenden produktspezifischen Themen. Deshalb plant und führt er das Projekt in enger Zusammenarbeit mit dem Team und dem Scrum Master.

Die Erfahrungen aus vielen Projekten zeigen, dass auf eine vernünftige Besetzung der Rolle als Product Owner großen Wert gelegt werden sollte. Die richtige Auswahl ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, da man sich ansonsten schnell auf einen kritischen Pfad begibt und damit

  • den Erfolg eines Produkts oder das Unternehmen gefährdet,
  • Kundenbedürfnisse nicht erfüllt,
  • monetäre Ressourcen verschwendet,
  • die Stärken des Entwicklungsteams nicht nutzt oder
  • die Arbeit eines Scrum Masters / Agilen Coaches zu Staub werden lässt.

Starke Product Owner vereinen viele Talente in sich. Ich verrate kein Geheimnis wenn ich sage, dass es nur wenige gibt, die diese Rolle optimal ausfüllen und leben. Ich habe einige Product Owner kennengelernt und versucht, die Anforderungen an die optimale Ausgestaltung der Rolle in folgendem Schaubild festzuhalten.

Rahmenbedingungen

Damit die Arbeit als Product Owner überhaupt sinnvoll und erfolgreich ausgestaltet werden kann, die Fähigkeiten, Erfahrungen und das Wissen zur Geltung kommen, bedarf es bestimmter Rahmenbedingungen. An erster Stelle steht hier die übergeordnete Gesamtstrategie des Unternehmens. Die Unternehmensstrategie definiert strategische Ziele und gibt langfristige Orientierung für Initiativen, Projekte oder die Produktentwicklung. Genau wie der Product Owner eine Vision für sein Produkt haben sollte, muss auch das Unternehmen mittel- bzw. langfristige Ziele haben und die Unternehmensvision vorgeben. Ist dies nicht der Fall, besteht die Gefahr, dass der Fokus auf kurzfristige Ziele ausgerichtet und das Produkt in Gefahr gebracht wird. In diesen Situationen sucht das Management in den kurzfristigen Zielen halt, aufgrund fehlender Orientierung. Kurz gesagt, wenn das Management nicht die Richtung vorgibt, können Produktentscheidungen oder Handlungen nicht zielführend getroffen werden.

Ist die Unternehmensstrategie klar, kann auch erst der zweite Faktor richtig greifen. Unter Empowerment (Wikipedia) soll die Autonomie eine Product Owners, selbstbestimmt und unabhängig entscheiden zu können, verstanden werden. Wird er nicht in die Lage versetzt Entscheidungen für sein Produkt zu treffen, hat er ein Gefühl der Einflusslosigkeit. Dies kann dazu führen, dass er resigniert, sich aufreibt oder unterwirft. Die Auswirkungen sind in jedem Fall für das Produkt, das Team und das gesamte Unternehmen negativ. Empowerment bedeutet auch, dass es eine Förderung und Unterstützung von Seiten des Unternehmens geben muss. Dies bedeutet, der Product Owner muss erst einmal in die Lage versetzt werden, diese Kompetenz aufzubauen.

Der dritte wichtige Faktor ist die Förderung und Vertiefung von Wissen durch das Unternehmen. Je nach beruflicher Vorbildung des Product Owners, ist eine individuelle und nachhaltige Ausbildung wichtig. Unter Beachtung seiner Vorkenntnisse und Fähigkeiten sind Stärken auszubauen und Wissenslücken zu schließen.

Erfahrung & Charakter

Der Product Owner benötigt einen starken Charakter. Neben seinen persönlichen Erfahrungen, ist meines Erachtens auf die folgenden personellen Eigenschaften bei der Besetzung der Rolle zu achten. Er sollte selbstbewusst auftreten und entscheidungsstark sein, ohne jemandem die eigene Meinung aufzudrängen. Mit seiner Kommunikations- und Präsentationsstärke sollte er Menschen überzeugen können. Hierbei, sowie in persönlichen Gesprächen, sollte er immer authentisch und vertrauenswürdig auftreten und vertrauensvoll mit Informationen umgehen. Es sollten Personen sein, die lernfähig sind und den Willen zur ständigen Weiterentwicklung mitbringen. Wichtig bei allen genannten Punkten ist, dass Verständnis und die Berücksichtigung der agilen Werte sowie das eigene Commitment. Die Rolle wäre nicht so anspruchsvoll, wenn sie darüber hinaus nicht etwas Humor bei all der Ernsthaftigkeit und Professionalität, sowie Vertrauen in die Arbeit anderer, abverlangen würde.

Führung

Eng mit den Werten und Charaktereigenschaften der Person, sind die Führungseigenschaften verknüpft. Ein Product Owner muss aus seinem Inneren heraus die Führungsrolle leben. Auf der personellen Ebene muss er durch Wort und Tat sein Team an sich binden und alles dafür tun, dass seine Vorstellung vom Produkt wahr wird. Er lenkt alle in die richtige Richtung und nimmt, in der Zusammenarbeit mit dem Team, Unterstützung zur Erreichung der Ziele an. Für sein Handeln übernimmt er Verantwortung.

Der Product Owner muss ein Visionär sein, der das finale Produkt vor seinen Augen hat und dies für alle Beteiligten zeichnen kann. Lobbying im Unternehmen ist sein tägliches Geschäft. Hier ein Zugeständnis, dort eine klare Aussage oder die Verteilung von Informationen, um zu Gunsten der Zielerreichung auf Entscheidungsträger einzuwirken. Neben diesen strategischen Fähigkeiten sind auch die operativen Fähigkeiten essentiell für die Ausgestaltung der Rolle. Know-how in den Bereichen Planung, Marketing, Finanzen oder Projektmanagement runden sein Bild ab. Seine Werkzeuge und sein Wissen sollten ihn dazu befähigen kurz- bis langfristige Pläne zu entwickeln, ohne Seiteneffekte außer Acht zu lassen. Er ist ein Entrapeneur innerhalb eines Unternehmens.

Wissen

Product Owner sollten ihr Produkt in- und auswendig kennen. Sie nehmen eine Expertenrolle ein und wissen über den Lebenszyklus ihres Produkts und den Entwicklungsprozess Bescheid. Daneben haben sie immer das Marktgeschehen im Blick, verfolgen Trends und Entwicklungen und wissen immer was sich bei der Konkurrenz tut. Dieses Wissen lassen sie in Entscheidungen und damit in die Entwicklung ihres Produkts einfließen.

What´s next

Ich freue mich über Feedback zu meinen Beobachtungen und Ausführungen, die in meinen Augen das Optimum eines Product Owners darstellen. Was fehlt in dem Überblick? Wo gibt es andere Meinungen oder Erfahrungen?

Da die Product Owner Rolle so spannend ist, habe ich mich für eine neue Serie im Blog entschieden: Product Owner im Potrait. In der neuen Reihe stehen aktive Product Owner im Fokus und beantworten Fragen aus ihrem Arbeitsalltag, bei der Arbeit mit dem Team, Scrum Master, Stakeholdern oder dem Product Backlog. In der nächsten Woche geht es los.

Graphic Resource: People vector designed by Freepik

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3 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Hmm… Product Owner und Fuehrungsrolle. Das scheint mir ein Widerspruch zu sein. Der Product Owner ist der „Kunde“ fuer das Team. Ein Kunde fuehrt nicht.

    Ein Kunde erklaert was er moechte und erklaert wann seine Wuensche ausreichend gut erfuellt sind.

    Ein guter Product Owner sollte nicht versuchen der Entwickler des Produktes zu sein. Das ist die Aufgabe des Teams. Der Product Owner erlaeutert die Ziele, erklaert die zu loesenden Probleme und arbeitet dabei mit dem Team zusammen.

    Ich habe Leute erlebt, die quasi anfingen das Team zu ‚managen‘ und erklaerten, dass das Produkt ja von ihnen ‚designed‘ wurde. Das geht schief und gibt auf Dauer eine Menge boeses Blut.

  2. Hallo Stephan,
    vielen Dank für deine Anmerkung.
    Wir sind hier der gleichen Meinung. Ich meine nicht, dass er das Team führt, sondern das er über wichtige Führungseigenschaften verfügen sollte, die ihm in der Ausführung seiner Rolle als Product Owner unterstützen. Oftmals wird der PO auch als „Mini CEO“ oder Entrapeneur bezeichnet. Die Führungseigenschaften befähigen ihn dazu – zusammen mit dem Team – ein erfolgreiches Produkt zu schaffen. Hierbei gilt vor allem auch, sich zurückzunehmen und nicht managen zu wollen, was viele POs gerade in der Anfangsphase versuchen.
    Vielen Dank & beste Grüße, Robert

  3. tural sagt:

    Stefan Schwab: „Der Product Owner ist der “Kunde” fuer das Team. Ein Kunde fuehrt nicht. „. Dem Satz stimme ich zu und erlaube mir ihn zu ergänzen:

    Der Product Owner ist Auftraggeber eines Teams. Am Ende eines Sprints nimmt er die Ergebnisse des Auftragnehmers anhand der Akzeptanzkriterien ab, die bei der „Auftragserteilung“ gemeinsam festgelegt worden sind.

    Ein Auftragnehmer muss wissen, wie er die Leistungen zur Auftragserfüllung erbringt: Selbstmanagement.

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