Interview

Product Owner im Portrait: Interview Björn Waide

Im heutigen Interview steht Björn Waide (@waide) meinen Fragen Rede und Antwort. Björn bekleidet die Rolle als Product Owner seit geraumer Zeit und blickt auf einen reichen Erfahrungsschatz in der Arbeit mit diversen Scrum Teams zurück. Nach dem Studium der Informatik startet Björn als Software-Entwickler in das Berufsleben und ist mittlerweile sechs Jahre als Produktmanager tätig. Durch die Arbeit in einem agilen Arbeitsumfeld verantwortete er in den letzten drei Jahren verschiedene Produkt-Initiativen in der Rolle des Product Owners. Erfahren sie im Interview mehr über seine Erfahrungen, Herausforderungen und Tipps.

Steckbrief

  • Name: Björn Waide
  • Alter: 32
  • Angestellt als: Director Product Management
  • Product Owner Rolle seit: 2009
  • Berufserfahrung gesamt: 6 Jahre
  • Branche: Internet, Dienstleistung
  • Produkt Thema: Social Network

Was ist deines Erachtens das Schwierigste bei der Erfüllung der Product Owner Rolle?

Die Product Owner Rolle stellt hohe Anforderungen aus allen möglichen Teilgebieten an den, der sie ausfüllen soll. Man muss sich in Details auskennen und doch immer das große Ganze sehen. Muss mit Entwicklern über technische Machbarkeit diskutieren oder mit dem Marketing über Produkteinführungsstrategien. Es gibt wohl kaum jemanden, der alle Anforderungen aus allen Teilgebieten gleich gut abdeckt. Für jeden wird also die Schwierigkeit an einer anderen Stelle liegen. Es ist wichtig, sich selbst zu reflektieren und an den Punkten, an denen Wissen oder Erfahrung fehlt, Hilfe von Kollegen oder Fachspezialisten einzuholen.

Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Fähigkeiten eines Product Owners?

Es klingt vielleicht abgedroschen, aber für mich trifft es gerade für den Product Owner immer noch folgendes Zitat von Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Man kann alleine als Product Owner nichts erreichen. Daher ist es in meinen Augen das Wichtigste, sein Team für die Sache zu begeistern, sie zu infizieren mit einer Idee. Dann läuft ganz viel auch ohne weiteres Zutun, auch wenn Fehler gemacht werden, Akzeptanzkriterien fehlen oder Termine eingehalten werden müssen.

Welche Softskills sollten bei einem Product Owner besonders ausgeprägt sein?

Vielleicht sollte man fragen, auf welche Faktoren man am ehesten verzichten könnte. Als Schnittstellenfunktion und Führungskraft ohne disziplinarische Verantwortung für seine Teammitglieder sind es gerade diese Softskills, die ein Team erfolgreich machen, oder auch nicht. Von Kommunikations- und Teamfähigkeit über Präsentations- und Problemlösungskompetenzen sowie Zeitmanagement bis hin zu Motivationsvermögen, zählen diese „soften Faktoren“ häufig mehr als all mein im Studium oder anderswo erworbenes Wissen.

Welche Rolle spielt das Entwicklungsteam bei der Erfüllung deiner Aufgaben?

Wir bauen gemeinsam als Team ein hoffentlich großartiges Produkt. Das funktioniert nur mit Menschen, die sich nicht als reine Programmierer verstehen, sondern als Produktentwickler. Es gibt in Scrum keine Spezifikation im eigentlichen Sinne, vieles basiert auf dem Versprechen, miteinander zu kommunizieren. Das stellt auch hohe Anforderungen an die Mitglieder des Entwicklungsteams, die selbständiger arbeiten und mehr kommunizieren müssen als bei der Entwicklung nach Wasserfall.

Wie grenzt sich deine Arbeit von der des Scrum Masters ab?

Meine Aufgabe ist vor allem die fachliche Arbeit mit dem Produkt, die Erstellung und Vermittlung einer gemeinsamen Vision und der Produktstrategie, Kenntnisse über die Nutzer zu sammeln und ein Backlog zur Verfügung zu stellen. Der Scrum Master schafft die zur effizienten Umsetzung notwendigen Voraussetzungen, arbeitet ganz eng mit dem Team und formt es zu einer Einheit, zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf und hält allen Beteiligten in der Retrospektive immer wieder den Spiegel vor.

Wie organisierst du deine Arbeit, um die fortlaufende Erstellung von Backlog Items aufrecht erhalten zu können?

Da das Stakeholder-Management oft viel Zeit frisst und man am Product Backlog besser einige Zeit am Stück sitzt, als immer mal wieder 15 Minuten, helfen mir regelmäßige Blockertermine im Kalender, um sich mit dem Team die Zeit zu nehmen.

Scrum stellt hohe Ansprüche an die Rolle des Product Owners. Sind diese deiner Meinung nach zu erfüllen bzw. wo liegen die Herausforderungen?

Product Owner sein ist mehr als nur ein Job. Wenn man die notwendige Begeisterung und Leidenschaft für sein Produkt und die anfangs beschriebenen Fähigkeiten mitbringt und ausbaut, dann sind die meisten anderen Dinge und das nötige Handwerkszeug erlernbar.

Welche Unterstützung hilft dir am meisten bei der Erledigung deiner Aufgaben?

Die Zusammenarbeit mit dem Scrum Team. Wenn das Team sich nicht als „Abarbeiter“ von Backlog Items sieht, sondern als Mitgestalter, dann übernimmt es quasi automatisch Aufgaben, die andernfalls beim PO liegen. Dann wird nicht über jedes Akzeptanzkriterium gefeilscht, sondern pro-aktiv Entscheidungen vom Team getroffen, da sie involviert sind oder den Nutzer aus den User Tests kennen, eigene Ideen einbringen o.a.

Um Product Owner zu werden, lassen sich viele zertifizieren. Ist es deiner Meinung nach damit getan? Was hat dir geholfen, die Rolle auszufüllen?

Die in den Zertifizierungskursen vermittelten Inhalte sind hilfreiche Grundlagen. Mir hat allerdings mehr geholfen, die ersten Schritte als PO in einem erfahrenen Scrum Team gemacht zu haben. Der Scrum Master und das Team wussten genau, was sie von mir erwarteten und haben mir dabei geholfen, mich auf die wichtigsten Dinge zu konzentrieren. Meine damalige Teamleiterin, die selbst erfolgreich als Product Owner gearbeitet hat, hat das Übrige dazu beigetragen.

Es wird sehr schwer werden, wenn Scrum für alle eine neue Erfahrung ist. Für die ersten Schritte sollte man zumindest einen sehr erfahrenen Scrum Master haben, bei Bedarf einen Externen.

Du kennst die Praxis am Besten – Was sind die 3 schlimmsten Fehler, die man als Product Owner machen kann?

  • Nicht der Experte seines Produktes zu sein.
  • Keine Vorstellung davon zu haben, wo die Reise hingehen soll.
  • Zu glauben, man sei der Boss.

Kann aus deiner Sicht jeder die Rolle des Product Owners besetzen? Wenn nein, warum nicht?

Das Handwerkszeug des Product Owners ist wie die meisten anderen Dinge im Leben erlernbar und ehrlich gesagt auch kein Hexenwerk. Wie schon an anderer Stelle erwähnt sind allerdings für den Erfolg des Produktes, und damit des Teams, maßgeblich andere Dinge verantwortlich. Insbesondere die Leidenschaft für das Produkt und die Fähigkeit andere mit der eigenen Leidenschaft anzustecken. Wer leidenschaftslos agiert, Management, Stakeholder, Nutzer und Team auf der Strecke lässt, wird es schwer haben.

Backlog Grooming ist ein essentieller Bestandteil von Scrum. Was sind deine Erfolgsfaktoren für die richtige Anwendung?

Wichtig ist erst einmal, dass das Team versteht, welchen wichtigen Beitrag sie selbst zu einem guten Backlog beitragen können. Dann ist eine Einbeziehung des Teams in ganz frühe Entstehungsphasen wichtig, damit das Team bei jedem Backlog Item schon weiß, um was es grundsätzlich geht.

Dann hilft es, mit Backlog Items bereits in sehr frühem Stadium ins Estimation Meeting zu gehen. Aus den Diskussionen und den Schätzungen des Teams ergeben sich die ersten Hinweise für die nächste Iteration der Backlog Items: Schneiden, wenn die Backlog Items zu groß sind, präziser werden, Abhängigkeiten klären, Server bestellen etc. Je nach Aufstellung des Teams, helfen Arbeitssessions vor dem Planning Meeting mit Teammitgliedern wie dem Tester oder Entwickler, um dem Product Backlog den letzten Schliff geben.

Was waren die größten Herausforderungen nach dem Wechsel zu Scrum und der Übernahme der Rolle als Product Owner?

Da ich in eine etablierte Scrum Umgebung meine ersten Schritte als Product Owner machen konnte, fiel mir der Einstieg deutlich leichter als für viele andere, die Scrum oft selbst erst einführen oder etablieren möchten. Die Übernahme der PO-Rolle war trotzdem eine Herausforderung. Als ehemaliger Entwickler war meine größte Herausforderung, den Perspektivenwechsel zu vollziehen und nicht mehr in erster Linie über technische Machbarkeit nachzudenken oder eine technisch ästhetische Umsetzung, sondern über den Nutzer, seine Probleme und wie mein Produkt diese lösen kann. Aber genau hier liegt auch der große Reiz der Rolle.

Erzähl doch bitte aus deiner Praxis – Wie gestaltet sich ein normaler Arbeitstag für dich?

Als Product Owner ist der Arbeitstag geprägt vom Rhythmus der Scrum-Iterationen; neben den täglichen Stand-ups die Vorbereitung auf das nächste Estimation, Planning oder Review Meeting. Da man als PO viele Stakeholder Meetings hat, habe ich immer versucht, zumindest eine Tageshälfte am Arbeitsplatz zu sein, um dem Team für Fragen zur Verfügung zu stehen. Einen Großteil der übrigen Zeit nimmt die Pflege des Product Backlogs und die Erarbeitung neuer Produktideen ein.

Was ist deine Empfehlung für diejenigen die mit dem Gedanken spielen die Rolle zu übernehmen bzw. die ihre ersten Schritte in der Rolle als Product Owner machen?

Ganz viel mit anderen erfahrenen Product Ownern sprechen! Product Owner ist kein Ausbildungsberuf, man kann es nicht studieren und es gibt auch nicht das eine Buch, in dem einem alles Wichtige vermittelt wird. Der regelmäßige Austausch mit Kollegen hilft oft mehr als alle Theorie. Wer gerade keine Kollegen mit Erfahrung bei der Hand hat, kann sich auch virtuell, zum Beispiel in unserer jüngst gegründeten Online Product Management Gruppe austauschen.

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