Gastbeitrag: Sven Röpstorff www.agiletransparency.com
Im Rahmen des Daily Scrums werden von jedem Teammitglied in der Regel die folgenden drei Fragen beantwortet:
- Was habe ich seit dem letzten Daily Scrum erreicht?
- Was will ich bis zum nächsten Daily Scrum erreichen?
- Was hindert mich im Moment daran, meine Arbeit zu machen?
Die ersten beiden Fragen sind sowohl für die Teamkollegen (Synchronisation) als auch für den ScrumMaster (Fortschritt? Tasks klein genug?) interessant, die dritte hauptsächlich für den ScrumMaster („Impediment! Are you ready to die?“).
Insbesondere bei eingespielten Teams, die sowieso sehr eng zusammenarbeiten, können die Daily Scrums sehr zügig über die Bühne gehen. Oft passiert es dabei, dass Impediments nicht mehr explizit benannt werden, sondern irgendwo im Grundrauschen verschwinden. So entsteht der Eindruck, dass alles prima läuft. Am Ende des Sprints kann dann das böse Erwachen kommen:
Team: „Wir konnten die Story nicht fertigstellen, weil die Admins den DB-Server nicht rechtzeitig bereitgestellt haben.“
ScrumMaster: „Warum habt Ihr denn in den Daily Scrums nichts gesagt, kein Impediment gemeldet?“
Team: „Wir hatten ja mit denen gesprochen, die wollten den Server auch fertighaben, aber dann ist was dazwischengekommen.“
Hat jemand ein spontanes Déja-vu?
Ein erfahrener ScrumMaster erkennt im Daily Scrum, wenn ihm das Projekt entgleitet, dass ihm der Griff zum Anfassen abhanden kommt. Um dem entgegenzusteuern, gibt es eine vierte Frage, die der ScrumMaster den Teammitgliedern am Ende des Daily Scrum stellen kann:
- Wie schätzt Du auf einer Skala von eins (oh,oh) bis zehn (sicher) die Wahrscheinlichkeit ein, dass Ihr das Sprint Goal erreichen werdet?
Auf diese Weise bekommt man von jedem Teammitglied eine persönliche Einschätzung der Lage und kann bei Werten kleiner als 10 nach den Gründen fragen. Erfahrungsgemäß kommen hier bisher unentdeckte oder als unlösbar angenommene Impediments ans Licht, die der ScrumMaster umgehend auf sein Impediment Backlog nehmen und sie bearbeiten kann.
Ein weiterer Vorteil ist der, dass die Impediments aktiv besprochen werden. Möglicherweise sind sie schon längst keine mehr („Die Admin-Rechte fehlen uns nicht mehr, ich habe die Zugangsdaten heute morgen bekommen und stelle sie gleich ins Wiki“).
Dem Team wird deutlich signalisiert, dass sich jemand um die Impediments kümmert, so dass die Einschätzung im Normalfall beim nächsten Daily Scrum besser wird.
Ich habe gute Erfahrungen mit der vierten Frage gemacht und ermutige jeden ScrumMaster, sie einfach mal zu stellen. Schaden kann es nie. Ich freue mich auf Feedback.
Hängt sicherlich auch von der Teamgröße ab ob dies funktionert. Wenn tatsächlich jedem einzelnen im Standup die 4te Frage gestellt wird und es ein recht großes Team ist, dann kann es dazu führen das sich die Standups um einiges verlängern. Was dann aus meiner Erfahrung wiederum dazu führt, dass die Entwickler nurchnoch so schnell wie möglich durch dieses Meeting durch wollen und somit noch mehr Informationen wegelassen werden.
Für kleine Teams mag es funktionieren, für grössere Teams sehe doch eher Schwierigkeiten.
Im allgemeinen Stimme ich, dass mit der Zeit immer weniger über Impediments gesprochen wird. Warum? Weiss ich nicht, wäre aber interessant zu wissen.
Viele Grüße,
Andree
Moin Andree,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Die vierte Frage soll nicht in jedem Daily Scrum gestellt werden, sondern sie ist als Hilfmittel für den ScrumMaster gedacht, wenn er sich bzgl. des aktuellen Standes im Sprint nicht sicher ist und eine Einschätzung des Teams braucht. Die vierte Frage sollte dann erst wieder einige Daily Scrums später gestellt werden, damit die ergriffenen Maßnahmen auch wirken konnten.
Hätte ich im Artikel besser herausstellen sollen, sorry.
Viele Grüße,
Sven
Hey Sven,
ich habe zu dem Thema noch einen weiteren Artikel entdeckt:
http://blog.technicalmanagementinstitute.com/2009/11/daily-scrum-the-fourth-question.html
Es geht darum, täglich eine weitere Frage – zusätzlich zu den drei Standardfragen – zu stellen und diese zu variieren:
– Was habt ihr gestern gelernt?
– Was hat euch überrascht bei der Entwicklung?
– Wie fühlt ihr euch?
– usw.
Grüße,
Robert
Die Idee finde ich gut. Zwar hab ich keine Erfahrung mit der Frage im Standup, aber in abgewandelter Form in agilen Nicht-Scrum-Projekten (APM-Kontext).
Dort aber als wöchentliche Abfrage und in Verbindung mit einem „Läufer“. D.h. jeden Montag vormittag läuft abwechselnd ein anderes Projektmitglied kurz an allen anderen Projektmitgliedern vorbei und fragt nach der Wahrscheinlichkeit (0 – 100), dass die in der aktuellen Iteration anstehenden Aufgaben wie geplant fertig werden. Die Zahlen werden dann noch auf rot (<50%), gelb (20 Projektmitgliedern und dient auch dazu, dass die Leute sich untereinander nahe bleiben (deswegen das Rotationsprinzip) und zum Aufsaugen von Befindlichkeiten/Stimmungen, die wegen der Projektgröße nicht mehr auf dem osmotischem Weg wahrgenommen werden können. Für richtige Scrum-Projekte oder Scrum of Scrum braucht es das aber m.E. nicht, für moderat-agile Projekte ist es aber superpraktisch. Mehr steht in unserem APM-Buch unter „Läufer“ oder „wöchentliche Wahrscheinlichkeitsanfrage“.
Moin Bernd,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich finde, es klingt nach einem sehr interessanten Ansatz. Ich werde ihn mal im Hinterkopf behalten, könnte mir vorstellen, dass es auch in größeren Scrum-Projekten mit mehreren Teams eine gute Möglichkeit ist, zusätzliche Informationen zu bekommen.
Viele Grüße,
Sven
[…] Die vierte Frage im Daily Scrum: mit einer Frage nach der Risikoeinschätzung der Goalerreichung eines jeden Entwicklers kann man schnell Impeditments identifizieren – http://www.projekt-log.de/allgemein/die-vierte-frage/ […]