„Don’t count the days. Make the days count.“
Muhammad Ali, Boxer
Finanzkrise, Politische Krise, Klimakrise. Noch nie mussten sich Unternehmen mit Problemen wie in der aktuellen Corona-Krise auseinandersetzen. Die Pandemie traf die Welt wie ein Aufwärtshaken am Kinn: bringt sie ins Taumeln, Stolpern und legt den Schleier der Bewusstlosigkeit über sie. Krisen gehören mittlerweile zwar zur Normalität, aber im beruflichen Alltag wird diesmal eines deutlich – so wie vor der Krise kann und wird es für viele Unternehmen nicht weitergehen.
Ja, die aktuelle Krise ist schlimm. Und, sie birgt viele Möglichkeiten für Unternehmen, sich spätestens jetzt für die Zukunft fit zu machen und die offene Deckung abzulegen. Wenn ein Unternehmen bis dato noch nicht dazu übergangen ist von hierarchischen Strukturen und Denkmustern wegzukommen, offen und vernetzt zu denken sowie die Mitarbeiter zu befähigen, selbstorganisiert Entscheidung zu treffen und Aufgaben zu übernehmen, dann wird der nächste Schlag sicher ein schmerzender Tiefschlag. Denn eines ist klar: Unternehmen die jetzt damit beginnen, werden Jahre für diesen Wandlungsprozess benötigen.
Wie kann dies Gelingen? Harry Gatterer vom Zukunftsinstitut sagt ganz klar, es erfordert Mut, um sich für die Zukunft anders aufzustellen. Auch ich bin der Meinung, dass es jetzt den Mut braucht, um in den Ring zu steigen und alte Denkmuster, Ansprüche und Ängste aufzubrechen. Schlag für Schlag. Im Boxsport wird der Begriff „Stare Down“ für das erste in die Augen sehen der Kontrahenten verwendet. Wer zuerst wegsieht, gilt als Verlierer. Unternehmen sollten jetzt genau hinsehen und die Zeit nutzen eine Introspektion durchzuführen.
1. Der Realität ins Auge sehen Überraschend schnelle Veränderungen, schwer planbare Prozesse, die durch die Globalisierung und Digitalisierung immer komplexer werden, sowie eine Vielzahl an Handlungsmöglichkeiten mit unklarem Ausgang. Sprich, die VUKA-Welt ist real. Die Krise mag erst einmal nicht der richtige Zeitpunkt sein, um etwas zu verändern. Aber es ist genau der richtige, um den Veränderungsprozess in Gang zu setzen und JETZT ins Handeln zu kommen.
2. Introspektion durchführen Organisationen sollten sich nun ernsthaft und ehrlich mit sich auseinandersetzen, um zu schauen, was momentan (auch in Krisenzeiten) gut funktioniert und warum: Was funktioniert (einfach) in der Krise? Warum funktioniert es und was können wir für die Zukunft daraus lernen?
3. Strukturen aufreißen Über Jahrzehnte sind viele Organisationen dazu übergegangen, Menschen unterzuordnen und die Erwartung zu haben, dass die Menschen der Organisation dienen müssen. Dabei muss es umgekehrt sein – Organisationen (wie auch Führungskräfte) müssen den Mitarbeitern dienen. Unternehmen tun gut daran, die Krise als Chance zu sehen und den alten Pyramiden den Rücken zuzukehren, um das Arbeiten in fachübergreifenden kleinen Organisationseinheiten zu ermöglichen. Markus Raitner zeigt mit seinem Manifest für menschlichen Führung einen wertstiftenden Weg auf.
4. Wertearbeit starten Die Mitarbeiter müssen in den Vordergrund rücken. Gerade in heutigen Zeiten, wo alles einem ständigen Wandel unterliegt, benötigen Mitarbeiter neben der Orientierung an Werten auch das Rüstzeug dafür, mit der Schnelllebigkeit umzugehen. Wenn Unternehmen es schaffen, den Mitarbeitern mit klar definierten Werten Orientierung zu geben, dann können Entscheidungen schnell und flexibel getroffen und gehandelt werden.
5. Agilität fördern Kurze Zielhorizonte und Arbeit in autarken fachübergreifenden Teams sind ein Schlüsselelement, um Geschwindigkeit zu erlangen und adaptiv und schnell auf Veränderungen zu reagieren. Agilität ermöglicht das Ausprobieren und die Kollaboration auf Augenhöhe, um wertvolle Ergebnisse für den Kunden zu liefern. Unternehmen sollten prüfen, wie sie und in welchen Bereichen sie von Agilität profitieren können.
6. Selbstorganisation stärken Einhergehend mit autarkem Arbeiten zu Hause oder im Office in einem Team ist das Empowerment jedes einzelnen Mitarbeiters im Unternehmen wichtig. Gerade jetzt in der Krise gilt es, die Mitarbeiter nicht nur technologisch sondern auch mental zu unterstützen. Diese Investition wird dazu führen, dass jeder Einzelne und somit die gesamte Organisation gestärkt aus der Krise gehen wird.
7. Zielorientiert agieren Wichtig für Unternehmen wird es sein, das große Ganze im Blick zu behalten und mit Zielen und einer Strategie Sicherheit auszustrahlen. Organisationen, die zum richtigen Zeitpunkt ehrlich und offen kommunizieren und ihre Mitarbeiter einbeziehen, sind in der Lage schnell mit Veränderungen umzugehen, wenn sie auf die Vision des Unternehmens blicken. Gerade in der aktuellen Situation ist Sichtbarkeit der Führungsebene und kontinuierliche, klare und ehrliche Kommunikation unausweichlich.
8. Klarheit schaffen Menschen benötigen Sicherheit, um ihre Aufgaben gut zu erledigen. Daher ist es notwendig den Kontext zu kennen, um sich mit einer neuen Haltung den Herausforderungen zu stellen. Komplexe Sachverhalte müssen in kleine Stücke zerlegt werden, um sich iterativ dem Ziel und damit der Vision zu nähern. Verschiedene Blickwinkel aus der engen Zusammenarbeit fachübergreifender Teams helfen dabei, das Verständnis zu erlangen. Eine neue Organisationsstruktur und Führung kann dieses gemeinsame Verständnis unterstützen.
9. Nachhaltig agieren Unternehmen, die mit ökonomischer und ökologischer sowie sozialen Verantwortung agieren, werden sich zukünftigen Herausforderungen besser stellen können. Dies wird nicht nur wichtig für das Finden neuer Talente (Stichwort Fachkräftemangel) sondern auch für die Innovationskraft eines Unternehmens sein. Wenn ich jetzt die Chance nutze, nachhaltig in meinen Wertschöpfungsketten zu denken und notwendige Anpassungen vorzunehmen, werde ich als Organisation viele Lerneffekte erzielen (und nebenbei einen wichtigen Beitrag für Umwelt und Gesellschaft leisten).
10. Vertrauen schenken Unternehmen vieler Branchen werden sich nun eingestehen müssen, dass die Arbeit von zu Hause möglich oder bspw. das Konzept der 40+ Stundenwochen veraltet ist. Die Krise hat offengelegt, woran viele nicht geglaubt oder kein Vertrauen geschenkt haben. Unternehmen sollten immer daran denken, dass jeder Mensch erfolgreich sein möchte. Als Unternehmen muss ich mir die Frage stellen “Wie kann ich meine Mitarbeiter erfolgreich machen und befähigen?”.
Um es deutlich zu machen: Unternehmen sollten es nicht auf einen Lucky Punch anlegen sondern die Gelegenheit nutzen, um dem nächsten Schwergewicht leichtfüßig zu begegnen.
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Schlussbemerkung: Beim Verfassen des Artikels bin ich ganz beiläufig auf die Analogie des Boxsports gekommen (ohne ein Fan zu sein). Damit wollte ich lediglich die Brutalität umschreiben, die als wahrnehmbare Herausforderung auf Unternehmen, Teams und Menschen einprasselt.
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